Typischer Fall: Eltern trennen sich, Vater zieht aus, Mutter und Kinder bleiben im gemeinsamen Eigenheim wohnen. Wenn dieses bereits abbezahlt ist oder der Vater die Kreditraten trägt, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, was das für den Kindesunterhalt bedeutet. Denn in dem Warenkorb der Düsseldorfer Tabelle sind natürlich auch Wohnkosten enthalten, die aber hier für die Kinder nicht konkret anfallen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage nun geklärt.
Im konkreten Fall war das Haus abbezahlt und gehörte dem Vater zu 60 %, der Mutter zu 40 %. Der Vater hatte seinerseits von der Mutter keine Nutzungsentschädigung für seinen Anteil verlangt, die Mutter hatte ihrerseits vom Vater keinen Trennungsunterhalt verlangt. Dieser ging aber davon aus, dass die Kinder mietfrei in seinem Hausanteil wohnen, und wollte entsprechende Beträge vom Unterhalt abziehen.
Am 31.10.2012 und 17.12.2008 hatte der BGH bereits Überlegungen zu der in der Literatur vertretenen Meinung angestellt, ob man 20 % des Tabellenbedarfs als Wohnkosten ansetzen und diesen Betrag – wenn das Haus zu 100 % dem barunterhaltspflichtigen Elternteil gehört – als „bedarfsdeckende Erfüllung“ ansehen könne, so dass der Vater ihn nicht in bar an die Mutter zahlen müsse.
Nun aber stellt der BGH klar, dass die Frage des Wohnvorteils nicht in den Kindesunterhalt gehört, sondern auf die Ebene zwischen den Eltern – also in den Trennungs-/Nachscheidungsunterhalt oder als Nutzungsentschädigung. Es steht den Eltern frei, dazu eine Berechnung durchzuführen und eine Vereinbarung zu treffen oder eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Dort wird dann der Wohnvorteil für das gesamte Objekt der Mutter zugeordnet und mindert ihren Unterhaltsanspruch, oder sie muss sogar eine Nutzungsentschädigung zahlen. Wie auch immer sich die beiden entscheiden – der Kindesunterhalt ist gemäß Düsseldorfer Tabelle dennoch in voller Höhe zu zahlen.
Hinweis: Sowohl den Unterhalt zwischen den Ehegatten als auch die Nutzungsentschädigung bekommt man nicht rückwirkend, wenn der andere nicht „in Verzug“ gesetzt wurde. Daher ist es immer die schlechteste Lösung, nicht unmittelbar nach der Trennung auch die obengenannte Berechnung durchzuführen.
Quelle: BGH, Beschl. v. 18.05.2022 – XII ZB 325/20
(aus: https://www.mandanteninformation-online.de/ Ausgabe 09/2022)